Vegane Ernährung: Bleiben wir sachlich
Bei kaum einem Thema gehen die Emotionen so hoch, wie bei der Diskussion um den Lebensstil. Vegane Ernährung, vegetarisch oder doch "Allesfresser" (omnivor) - Tierleid und Umweltgedanke bewegen die Gemüter. Während die einen jegliche Verantwortung für Massentierhaltung und Regenwaldrodung ignorieren, mutieren Andere zu penetranten Besserwissern. Beides ist schwer zu ertragen, daher ist Marc Pierschels Buch Vegan! für beide Fronten eine Wohltat, denn es verzichtet auf den „erhobenen Zeigefinger“ und beleuchtet nüchtern und fakten basierend die Themen Veganismus und gesunde Ernährung. Spannend für Neugierige und Verantwortungsbewusste.
Von Tier zu Tier verschieden
„Der Mensch ist das Maß aller Dinge“, behaupteten schon die alten Griechen, er darf sich deshalb über die Natur stellen. „Du sollst nicht töten“, besagt wiederum das fünfte Gebot des Christentums. Die Deutungsvielfalt, die sich daraus entwickelte, verfolgt uns seit fast zwei Jahrtausenden. Obwohl wir zu manchen Tierarten emotionale Beziehungen pflegen, akzeptieren wir das Leid anderer. Wohl nicht absichtlich, lediglich aus wirtschaftlicher „Notwendigkeit“. Männliche Küken sind nutzlos und werden geschreddert. Schweine, Rinder & Co leiden unter widrigsten Bedingungen - maximal ertragreich. Süße Kätzchen und treue Hunde hingegen schlafen in des Menschen Bett und werden zu besten Freunden ernannt. Lediglich das Pferd darf Kuscheltier, Prestigeobjekt und Gulaschfleisch in einem sein. Der Mensch, als das Maß aller Dinge, misst mit zweierlei Maß.
Tiere sind für Konsumenten Ware und vor dem Gesetz Sachen
Während „nicht-menschliche Tiere“ seit Immanuel Kant als „Sachen“ gelten, wirft sich für uns die Frage auf, was denn wohl "menschliche Tiere" wären. Aber soweit denkt niemand. Mode, Nahrungsmittelindustrie, Kosmetik & Co investieren Milliarden in Marketingstrategien, die das Tierische an Leder, Gummibärchen oder Anti-Aging-Cremes vor uns verstecken. Kühe auf Milchpackungen lächeln prinzipiell, kleine Schweinchen setzen sich für Umweltschutz ein und Fastfood-Konzerne rühmen sich selbst größtmöglicher Nachhaltigkeit.
Wer will schon zu Martini auf delikate Gänse-Stopfleber oder am Aschermittwoch auf traditionellen Heringsschmaus verzichten? Die liebevolle Großmutter, die 12 Eier in den Kuchen packt, weiß nicht, dass Legehennen so gewinnmaximiert produzieren müssen, dass Kalzium der Eierschalen in den Knochen der Mutterhenne fehlt. Leider brechen die dann, aber das sieht ja keiner. Aus dem punktgenau gegrillten Steak tritt ja auch nur „Saft“ aus und nicht etwa Blut. Dass der Klimakollaps mit der Abholzung der Regenwälder einhergeht, haben wir schon mal gehört. Aber irgendwo müssen die genmanipulierten Monokulturen, die den nicht-menschlichen Tieren als Futter dienen, schließlich angebaut werden. Das Marketing verspricht trotzdem gesunde Ernährung.
Vegetarier zu sein, reicht nicht
Natürlich ist Fleischverzicht auf jeden Fall besser für Tiere, Umwelt und Gesundheit. Doch wer genauer hinsieht und logisch denkt, weiß, dass Kühe nur Milch geben, wenn sie Kälbchen stillen. Wer unter den Kuhbabys in der Genderlotterie gewonnen hat und weiblich ist, darf auch Milchmaschine werden. Kleine Stiere haben Pech. Sie werden zu Kalbfleisch. Dank der globalen Markwirtschaft reisen viele von ihnen vor ihrem brutalen Tod per LKW und Schiff um die halbe Welt. Ähnlich dumm läuft es für rund 45 Millionen flauschiger Babyhähne allein in Deutschland. Nicht zart genug als Grillhähnchen schreddert man sie bei lebendigem Leib und verfüttert sie ihren Müttern und Tanten.
Tierqual für Mode, Schönheit und Gesundheit
Voll im Trend: weicher Pelzbesatz am Anorak, modische Fellbommel an der Mütze. Versteckte sich die Modeindustrie noch vor wenigen Jahren hinter täuschend echten Kunstpelzen, so steht man mittlerweile wieder selbstbewusst zum Tier auf dem Kopf. Füchse, Nerze, Nutrias und andere weiche Tierchen, die das Pech haben, ein schönes Fell zu haben, werden oftmals lebend gehäutet. Edle Taschen aus italienischem Fohlenhaar begleiten lässige Ledermäntel aus pakistanischen Kälberhäuten. Für das flauschige Schafwollfutter deines Mantels musste der eigentliche Besitzer erfrieren - zu früh geschoren, Pech gehabt.
Duftende Lotionen und glänzende Lippenstifte werden oft zuerst an Äffchen getestet. Für die war Anti-Aging leider kein Thema. Die Pharmaindustrie testet natürlich auch zuerst an Tieren. Ratten, Hunde, Katzen & Co könnten ja Menschenleben retten. Im Kosmetikbereich und in der Modebranche findet aufgrund massiver Proteste von Tierschützern und drastischer Enthüllungsreportagen langsam ein Umdenken statt - eher nicht aus ethischen Beweggründen, sondern aus Angst vor Gewinneinbrüchen.
Umweltkatastrophe Massentierhaltung
Wer Tieren gegenüber emotionslos bleibt, verantwortet die Klimakatastrophe mit. Für 1kg Rindfleisch benötigt man 20.000 Liter Wasser. Für Monokulturen werden täglich 550 Millionen qm Regenwald gerodet. Das entspricht pro Stunde einer Fläche von 526 Fußballfeldern. Die Treibhausgase, die tierische Ausscheidungen und Düngemittel produzieren, betragen 7,4 Mrd. Tonnen CO2. Die Güllemengen verunreinigen das Grundwasser.
Gesundheitsrisiko tierische Produkte
Dass sich Fleischkonsum in Kombination mit industrieller Verarbeitung auf die menschliche Gesundheit auswirkt, ist bewiesen. Der Begriff Zivilisationskrankheit umfasst Leiden wie Herz-Kreislauf- und Gefäßerkrankungen, Krebs, Allergien, Laktoseintoleranz, Diabetes und vieles mehr. Die Wissenschaft ist sich einig: Soviel Fleisch, Milch und Eier, wie der durchschnittliche Konsument zu sich nimmt, kann nur schädlich sein.
Bedenkst du auch noch die ungustiösen Details, die in tierischen Produkten automatisch mitgeliefert werden, könnte dir leicht übel werden. Genmanipuliertes Futter, Antibiotika und andere Medikamente, die den Tieren aufgrund der unhygienischen Haltung verabreicht werden müssen, landen im Körper des Menschen und im Wasserkreislauf.
Mythos Mangelerscheinungen bei Veganern
Oft wird behauptet, Veganer und Vegetarier würden unter Mangelerscheinungen leiden, da sie Eisen, Kalzium, Proteine und Omega-3-Fettsäuren, nur durch den Verzehr tierischer Produkte zu sich nehmen könnten. Das ist schlichtweg falsch. Es fällt dem Körper nämlich leichter, Kalzium etwa aus Grünkohl und Sesam aufzunehmen. Eiweiß kommt aus Hülsenfrüchten, Sojabohnen und Nüssen. Die gesunde Omega-3-Fettsäure findet sich in Nüssen, Oliven- und besonders Hanföl. Einzig das Vitamin B12 kommt in pflanzlicher Kost kaum vor. Hier greifen Veganer gerne zu Nahrungsergänzungsmitteln.
Heute gibt es für Veganer viele Alternativen
Die Sehnsucht vieler Menschen nach einem bewussteren Lebensstil hat mittlerweile den Markt beeinflusst. Vor allem Soja dient dem Fleisch- und Milchersatz. Vegane Würste und Schnitzel sollen den Übergang vom omnivoren auf den pflanzlichen Ernährungsstil erleichtern. Auch Milchersatz wird pflanzlich gewonnen, so gibt es mittlerweile ein großes Angebot an Mandel-, Dinkel-, Soja- oder Hafermilch. Hefeflocken werden als Käseersatz immer beliebter.
Die geheimen Verstecke tierischer Zusatzstoffe in Nahrungsmitteln
Damit würdest du vermutlich nicht rechnen: Tierische Inhaltsstoffe kommen in vielen Produkten vor. Weißer Zucker etwa, der ohnehin schädlich ist, wird in vielerorts mit Tierkohle entfärbt, die aus Blut und Knochen hergestellt wird. Auch in Technik oder Haushaltsprodukten kommen tierische Substanzen zum Einsatz. Sogar in Abbrennhilfen und Feuchthaltemitteln von Zigaretten finden sich tierische Bestandteile. Zum Glück führt der Widerstand der Konsumenten zu Reaktionen der Produzenten.
Gut Ding darf Weile brauchen
Der Umstieg auf eine komplett vegane Lebensweise ist gar nicht so einfach. Die meisten tasten sich nach und nach an einen veganen Lebensstil heran. Versuche nicht zu "missionieren". Lade bisher Unbedachte lieber zum Essen ein und überrasche sie: Köstliche vegane Rezepte, vegetarische Gerichte und himmlische Gewürze haben schon so manchen Fleischesser bekehrt. Denn vegetarische Rezepte und vegane Gerichte schmecken oft um vieles besser.
Fazit
Im Hinblick auf die dramatischen Verhältnisse in Tierhaltung und Umweltpolitik erkennen immer mehr Menschen, dass eine omivore Lebensweise vor dem eigenen Gewissen nicht vertretbar ist.
Falls auch du deinen Teil dazu beitragen möchtest, die Welt, in der wir leben, nachhaltig zu verbessern, hier drei goldene Regeln:
- Augen auf beim Einkauf - du steuerst die Nachfrage
- Entscheide, wie weit dein Veganismus geht
-
Missioniere nicht, jeder muss selbst draufkommen
Weitere Tipps und kluge Ratschläge für gesunde Ernährung findest du im Buch “Vegan! von Marc Pierschel"
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